Georg
Agricola
Keine
Angst vor Geistern
(aus AV Magazin
3/94)
Im Bergwerk gibt es
Kobolde. Dies behauptet jedenfalls der angesehene
Wissenschaftler Georg Agriocola.
GEORG AGRICOLA, der
eigentlich Georg Bauer hieß, gilt als Begründer
der Mineralogie und der Bergbaukunde. Er gehört zu den
wichtigsten Persönlichkeiten der Technik-Geschichte.
Bis zum Ende des 18. Jahrhundert hatten seine Arbeiten
absolute wissenschaftliche Gültigkeit.
Agricola wurde am
24. März 1494 in Glauchau bei Chemnitz geboren. Mit 20
Jahren ging er an die Universität Leipzig, wo er
Philosophie. Philologie und Theologie studierte. Mit 23
wurde er Lehrer in Zwickau. Ab 28 studierte er Medizin und
Naturwissenschaften. Nach weiteren Stationen wurde er als
36jähriger ein berühmter Gelehrter der
Bergbaukunde. Viermal war er für je ein Jahr
Regierender Bürgermeister von Chemnitz. Als er am 21.
November 1555 starb, wurde der Katholik nicht im
protestantischen Chemniz, sondern in Zeitz beigesetzt.
De re metallica
libri XII - Zwölf Bücher vom Berg- und
Hüttenwesen - dies ist das große Vermächtnis
von Georg Agricola für den Bergbau und die
Wissenschaftsgeschichte. Er verfaßte die Bücher
als großer Gelehrter seiner Zeit in lateinischer
Sprache. Das Werk erschien 1556 ein Jahr nach seinem Tod,
mit prachtvollen Initialen und Holzschnitten.
Schon 1557 lag die
erste Übersetzung ins Deutsche vor. Die zwölf
Bücher handeln von allen Gebieten des Bergbaus, von den
Werkzeugen der Bergleute bis zu den Aufgaben der Beamten. In
einem weiteren Buch befaßt sich Agricola mit den
"Lebewesen unter Tage". Der letzte Abschnitt ist den
Geistern gewidmet:
"Schließlich
kann man noch zu den unter Tage lebenden Tieren oder, wie
die Theologen sagen, zur Zahl der Wesen die Geister rechnen,
die sich in manchen Gruben aufhalten. Es gibt zweierlei
Arten. Die einen bieten einen wilden und schreckenerregenden
Anblick und sind meist den Bergleuten unfreundlich und
feindlich gesinnt. Dergestalt war einer zu Annaberg, der
mehr als 12 Arbeiter in einer Rosenkranz genannten Grube
durch seinen Hauch tötete. Der Hauch entquoll seinem
Rachen. Er soll einen langgestreckten Hals wie ein Pferd und
wilde Augen besessen haben. Gleicher Art war auch der mit
einer schwarzen Kutte bekleidete zu Schneeberg, der in der
Grube St. Georg das Handwerkzeug vom Boden aufhob und nicht
ohne körperliche Anstrengung in eine höhergelegene
Strecke dieser einstmals silberreichsten Grube
hinaufschaffte. Psellus, der sechs Arten von Geistern
unterscheidet, sagt, daß diese Art schlimmer als die
übrigen sei, da sie mit einer stärkeren festen
Hülle umkleidet sind. Manche Philosophen halten diese
und ähnliche Geister, welche schädlich und vor
Natur boshaft sind, für dumm und ohne Vernunft.
Es gibt aber auch
gute Geister, die manche in Deutschland, wie die Griechen,
Kobolde nennen, weil sie Menschen nachahmen. Denn in lauter
Fröhlichkeit kichern sie und tun so, als ob sie viele
Dinge verrichteten. während sie tatsächlich nichts
ausführen. Manche nennen sie auch Bergmännchen;
sie besitzen die Gestalt eines Zwerges und sind nur drei
Spannen lang. Sie sehen greisenalt aus und sind bekleidet
wie die Bergleute, d.h. mit einem zusammengebundenen Kittel
und mit einem um die Schenkel herabhängenden Bergleder.
Sie pflegen den Bergleuten keinen Schaden zuzufügen,
sondern treiben sich in Schächten und Stollen
herum.
Und obwohl sie eigentlich nichts schaffen, tun sie doch so,
als ob sie sich in jeder Art Arbeit üben wollten, d. h.
sie graben Gänge, füllen das Ausgegrabene in
Gefäße und drehen den Förderhaspel. Manchmal
necken sie die Arbeiter mit Goldkörnern, tun ihnen aber
nur ganz selten etwas zuleide. Sie verletzen auch niemanden,
wenn man sie nicht vorher ausgelacht oder durch Schimpfworte
gereizt. hat. Sie sind daher ähnlich den guten
Geistern, die nur selten dem Menschen erscheinen, die aber
täglich einen Teil der Hausarbeit verrichten und das
Vieh versorgen.
Diesen haben die Deutschen, da sie uns Gutes tun, von
menschlicher Art sind oder mindestens als Freunde auftreten,
den Namen "Guttel" beigelegt; von den "Trullen genannten,
welche sowohl weiblichen wie männlichen Geschlechtes zu
sein scheinen, wird berichtet, daß sie bei manchen
Völkern, namentlich aber bei den Skandinaviern,
für Dienstleistungen gehalten werden. Die Berggeister
arbeiten am liebsten in Gruben, in denen Metalle gewonnen
werden oder in denen Hoffnung besteht, daß solche
gefunden werden. Deshalb lassen sich die Bergleute durch sie
auch nicht abschrecken. sondern betrachten sie als ein gutes
Anzeichen, sind fröhlichen Mutes und arbeiten um so
fleißiger weiter."
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